Neurodermitis

Neurodermitis ist eine chronisch-rezidivierende, das heißt eine immer wieder auftretende Entzündung der Haut mit Juckreiz, Rötung, Nässen, Schuppung und Krustenbildung. Sie gehört zu den atopischen Krankheiten. Atopische Erkrankungen zeichnen sich durch eine genetisch bedingte überschießende Immunreaktion aus. Zu diesem Formenkreis gehören u.a. auch das allergische Asthma, die allergische Bindehautentzündung und der allergische Schnupfen. Die Neurodermitis tritt bei ca. 4% der Bevölkerung auf. Die Erstmanifestation, also das Entstehen der Erkrankung, findet meist bereits im Säuglingsalter, oft schon im 2-3 Lebensmonat, selten nach der Pupertät, statt.

Ursache

Die Krankheitsentstehung (Pathogenese) ist trotz aller wissenschaftlicher Fortschritte noch immer nicht ganz geklärt. Gesichert ist, dass mehrere Faktoren zusammenspielen und dass eine erbliche Veranlagung besteht. Folge ist in jedem Fall eine Unterfunktion der Talg- und Schweißdrüsen, die über einen noch nicht genau bekannten Zwischenschritt zur allergischen Hautreaktion führt, welche den intensiven Juckreiz erklärt.
 

Symptome

Die Symptome sind abhängig vom Alter des Patienten, es finden sich jedoch in jedem Alter ein starker Juckreiz sowie trockene Haut und Haare.
 

Säuglingszeit: Beginn an Wangen und an behaarten Kopf, später Übergang auf das ganze Gesicht, den Rumpf, vor allem des Windelbereichs und auf die Streckseiten der Extremitäten. Zunächst umschriebene Rötungen mit Bläschen und Pappeln. Durch das Kratzen kommt es zu entzündlich-nässenden oder krustösen Hauterscheinungen, die ähnlich dem Bild verbrannter Milch sind und deshalb auch "Milchschorf" genannt werden. Es besteht eine große Neigung zu bakteriellen Sekundärinfektionen.

Kindheit und Jugend: Vor allem Befall der Ellbeugen und Kniekehlen sowie des Nackens, der Fußrücken und Hände mit subakuten bis chronischen Hautveränderungen wie entzündliche Rötungen, Pappeln, Kratzeffekte mit Verkrustungen.

Erwachsenenalter: Wie bei den Jugendlichen jedoch zusätzlicher Befall von Gesicht und oberem Körperstammbereich. Weitere Symptome: Ausfall der seitlichen Augenbrauen, doppelte Unterlidfalte, eingerissene Mundwinkel, trockene Lippen und Schrunden am Ohrläppchenansatz, vertiefte Furchungen der Haut, vor allem an der Hand, verminderte Schweißbildung, Neigung zu Kopfschuppen und Schuppung im Gesicht sowie an den oberen Extremitäten, Hornhautverformungen und Linsentrübung.

Eine Verschlechterung der Erkrankung kann durch psychische Belastungen, kaltes Wetter und zu stark geheizte Innenräume oder durch bestimmte Waschmittel, Kleidermaterialien, vor allem Wolle und manche Nahrungsmittel, wie z. B. Nässe, Milch etc. entstehen. Dies wird durch Provokationstests festgestellt, bei denen die zu untersuchenden Substanzen auf die Haut aufgetragen werden. Eine deutliche Besserung ist bei Klimawechsel z. B. durch Gebirgsklima, vor allem in Höhen über 1500 m und bei Meeresklima zu beachten.
 

Komplikationen

Gefährlich sind vor allem Infektionen mit Staphylokokken und mit dem Herpes-simplex-Virus (Ekzema herpeticatum).
 

Diagnostik

Anamnese, wobei bei 60-70% der Patienten eine positive Familienanamnese, also eine familiäre Häufung besteht, klinisches Bild sowie eine körperliche Untersuchung.
 

Therapie

Es ist im wesentlichen nur eine symptomatische Therapie möglich. Eine kausale Therapie, also eine an die Ursachen herangehende ist bisher nicht möglich. Juckreiz stillende Maßnahmen, vor allem abends orale Gabe von Antihistaminika (z. B. Tavegil®) und in Ausnahmefällen auch Benzodiazepinverbindungen wie Oxazepam (z. B. Adumbran®) zur Ruhigstellung der Patienten, Äußerliche Lokaltherapie, in Abhängigkeit von der Symptomatik, feuchte Umschläge, Farbstofflösungen, Zink-Schüttelmixturen, Kortikoidlösungen, weiche Zinkpaste, Kortikoidcreme, Ichthyol-Creme, gerbende Bäder (Eichenrinde), fettende Salben, Harnstoffsalbe, Ölbäder, juckreizstillende Mittel, z. B. Teer (als Schüttelmixtur, Paste oder Badezusatz), systemische Glukokortikoidgabe nur bei ausgedehnten Erscheinungen und nur für kurze Zeit.

In schweren Fällen Klimakuren im Reizklima von Nordsee und Hochgebirge, um den Patienten vor gehäuften Ekzemschüben zu bewahren, dabei spielen auch psychische Faktoren eine Rolle.
 

Spezielle Maßnahmen

Tagesablauf soweit möglich nach den Wünschen des Patienten gestalten, Patienten zur Selbstpflege anleiten, Angehörige (Eltern) in die Behandlung mit einbeziehen und beraten, Patienten zur täglicher körperlicher Aktivität in frischer Luft motivieren (z. B. Spaziergänge, Radfahren), Körperkontakt je nach Wunsch des Patienten (wird oft als unangenehm empfunden), Raumtemperatur maximal 20°C, Luftfeuchtigkeit mindestens 55%, Stimmungslage des Patienten beobachten, Zustand von Haut und Hautanhangsgebilden regelmäßig kontrollieren, Temperaturkontrolle, Hautpflege, vorsichtige Pflege nach Arztanordnung, hautaustrocknende Externa vermeiden (z. B. alkoholische Lösungen und Gele), häufiges Baden und Duschen unter Verwendung alkalischer Seifen vermeiden, nichtalkalische Hautreinigungsmittel verwenden (z. B. Seba med® flüssig), nach (therapeutischem Bad bzw. nach dem Waschen der Haut mit fetthaltigen Salben nachfetten, intensive Sonnenbestrahlung und Schwimmbäder (chlorhaltiges Wasser) meiden, Patienten das Tragen atmungsaktiver Stoffe (bevorzugt Baumwollkleidung) empfehlen, Bettwäsche mit Baumwollfüllung benutzen, Ernährungsberatung, Kost nach Erfahrungen des Patienten bzw. der Angehörigen zusammenstellen, keine spezielle Diät, bei Überempfindlichkeit symptomverstärkende Nahrungsmittel wie z. B. Zitrusfrüchte, starke Gewürze oder Nüsse meiden, Nikotin- und Alkoholkarenz. Bei familiär belasteten Neugeborenen das ausschließliche Stillen für mindestens sechs Monate empfehlen. Psychische Begleitung, Gesprächssignale des Patienten beachten, Selbstwertgefühl stärken, Entspannungsübungen oder autogenes Training empfehlen, Kontakt zu Selbsthilfegruppe vermitteln, bei starker psychischer Komponente einen Psychotherapeut hinzuziehen.
 

Prognose

Mit zunehmendem Alter findet meist eine deutliche Besserung der Erkrankung statt. Von den betroffenen Säuglingen sind ca. 70% bis zur Pubertät beschwerdefrei. Ein Teil der Betroffenen entwickelt jedoch eine andere Erkrankung des atopischen Formenkreises, so z. B. Asthma.