Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Die Poliomyelitis ist eine akute fieberhafte Viruskrankheit, deren Erreger bevorzugt Nervenzellansammlungen befallen, die die Bewegungen kontrollieren. Dies kann im ungünstigsten Fall zu Lähmungen und Tod führen.
 

Erreger

Die Erreger der Poliomyelitis sind RNA-Viren aus der Gruppe der sogenannten Picornaviren.
 

Krankheitsursachen

Die Polioviren sind sehr ansteckend. Die Infektion erfolgt über Tröpfchen also durch Niesen, Husten, Küssen oder durch Hand zu Mund Kontakt. Bis zum Krankheitsausbruch dauert es im Schnitt ein bis zwei Wochen. Nach der Infektion mit dem Virus kommt es im Körper zur Virusvermehrung und zu unspezifischen Krankheitssymptomen (1. Krankheitsphase). Nach einem darauffolgenden symptomfreien Intervall dringt der Erreger in das zentrale Nervensystem (ZNS) ein und löst dann die 2. Krankheitsphase aus. Diese ist durch Beeinträchtigung von motorischen Systemen gekennzeichnet. Es kommt hierbei zu Muskellähmungen und zur Hirnhautentzündung.
 

Krankheitsvorkommen

In Ländern mit hohem Durchimpfungsgrad tritt die Poliomyelitis nur bei Impflücken durch eingeschleppte Erreger sporadisch auf. Vor Einführung der Schluckimpfung (1962) gab es in den Industrienationen regelmäßig verheerende Epidemien. Es gab zu der Zeit viele Krankheitsverläufe mit Tod, Atemlähmung und zurückbleibenden Defekten. Diese Verhältnisse finden sich auch heute noch in den Entwicklungsländern.
 

Symptome

1. Krankheitsphase: Kopf- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit, Durchfall, Fieber, Schluckbeschwerden.
2. Krankheitsphase: Hirnhautentzündung, Lähmungen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, erhöhte Sensibilität auf äussere Reize.
 

Komplikationen

Zusätzliche bakterielle Infektionen der Luftwege führen zu Atemlähmung. Weiterhin kann es zu einer Herzmuskelentzündung kommen, die später zu einer Herzschwäche führen kann.
 

Diagnose

Klinische Beobachtung der auftretenden Lähmung. Virusisolierung und -nachweis aus Stuhl, Rachensekret und aus dem Liquor.
 

Differentialdiagnose

Während der ersten Krankheitsphase kommen fast alle fieberhaften Infektionen in Frage. Die auftretenden Lähmungen können auch durch Coxsackie- und ECHO-Virus-Infektion, Frühsommermeningoenzephalitis, Diphterie, Neuritis und Guillain-Barre-Syndrom verursacht werden.
 

Therapie

Strenge Bettruhe, auch schon bei Verdacht. Muskelentspannende, wechselnde Lagerung des Patienten bei auftretenden Lähmungen; langdauernde Krankengymnastik, Beatmung und intensivmedizinische Betreuung. Eine kausale Therapie, also eine direkte Bekämpfung des Virus mit Medikamenten ist (noch) nicht möglich.
 

Prognose

Die Verlaufsformen die mit Lähmung einhergehen haben eine Letalität (Todesrate) von 2 - 20%. Etwa 50% der anfangs vollständig Gelähmten behalten unterschiedlich schwere Restlähmungen.
 

Prophylaxe

Aktive Immunisierung mit abgetöteten Erregern. Polioimpfung ab 3. Monat, Auffrischungsimpfung im 10. Lebensjahr.